Jeder Mensch wird von (s)einer Mutter zur Welt gebracht, die Meisten auch von ihr großgezogen. Schwangerschaft, und darüber hinaus Mutterschaft sind demnach Bedingung wie Voraussetzung allen menschlichen und manchen mehr-als-menschlichen Lebens. Dasselbe gilt selbstredend auch für alle KünstlerInnen.

Doch wo sind all diese Mütter in der Kunst unserer westlichen Kultur? Wo die Schwangeren, Gebärenden, Stillenden?

Die aktuell in Fahrt kommende kunstwissenschaftliche Restitution an den von einer weißen und männlichen Kunstgeschichtsschreibung programmatisch verschwiegenen Künstlerinnen deutet darauf hin, dass für diese Leerstelle an Müttern in der Kunst eine ähnliche Erklärung gereicht. Demnach existierten die Zeichnungen, Malereien, Plastiken und Skulpturen, welche diese spezifisch weibliche Motivik abbilden durchaus, würden jedoch bisher einfach kaum ausgestellt, verbreitet und rezipiert.

Ausgehend von dieser Annahme will deshalb themotherhoodsproject.com mit dem Füllen dieser in der Kunstgeschichte klaffenden Lücke beginnen. Es dient uns als wissenschaftliche Werkstätte, als virtueller Ort der Sammlung und Archivierung, ebenso wie des Austauschs und der Diskussion. Neben historischen Werken forschen wir zugleich nach künstlerischen Mütterbildern der Gegenwart. Als bereichernde Referenzen werden zur bildenden Kunst dabei ebenso Film und Theorie hinzugezogen.

Unser Impetus ist ein unbedingt feministischer, denn es geht um nichts geringeres als Mutterschaften dem neoliberalen Kapitalismus und Patriarchat wieder zu entreißen und den Müttern zurückzugeben. Die Deutungshoheit über diese ebenso umkämpfte wie missbrauchte Rolle muss wiedererlangt und damit den Mutterschaften im feministischen Diskurs endlich ein gebührender Platz eingeräumt werden. Wir sind davon überzeugt, dass eben jene fundamentale wie umwälzende, alltägliche wie wundervolle Erfahrung des Mutterwerden größtes Potenzial für den im Anthropozän so dringend benötigten Kurswechsel in Richtung eines empathischen Denkens und Handelns birgt.

Die Mutterschaften stehen dabei im Plural, weil wir entgegen üblicher Narrative und den damit einhergehende Empfehlungen an und Beurteilungen von Müttern nicht von einer einzigen Art oder Weise der Mutterschaft ausgehen. Hingegen soll hier ein Platz für all die so different gelebten und erfahrenen Mutterschaften und auch für ebenso diverse Vaterschaften sein.

the motherhoodsproject.com wurde 2020 von Océane Gonnet (freie Kunsthistorikerin und Kunstvermittlerin) und Jolanda Wessel (Kunsthistorikerin) gegründet.